Espresso-Bibel” – in 80 Minuten um die Welt des Knüllers. Theater mit Eric Wehrlin
Bremgarten Ref. Kirche
Erfahrungen des Rappers JMI
Aufwachen, Musik hören…
Frühstücken, Musik hören. Arbeiten, Musik hören. Nach Hause kommen, Musik hören. Das war mein Leben als Lehrling. 80 000 Songs nannte ich mein eigen. Jede Minute füllte ich mit Musik. Entweder ich hörte sie, oder ich machte sie selbst.Jeden Tag schrieb ich meine Rhymes (Raptexte), war gerade dabei, mein erstes Album zu produzieren, gab immer mehr Konzerte. JMI, das war nicht nur die Abkürzung meines Künstlernamens Jay Miller. Rückblickend betrachtet, könnte sie auch für «Janic, Myself and I» (Ich, ich und nochmals ich) gestanden haben. Musik war für mich alles, und deshalb war es mir nach bestandener Lehre auch egal, keinen Job zu haben.
Egal!
Gott? Natürlich, es gab einen Gott. Ich wuchs ja christlich auf. Platz gab es für ihn in meinem Leben hingegen kaum, er wurde von der Musik übertönt. Eines Tages, ich war gerade nach Hause gekommen, die Kopfhörer wie immer auf, sagte meine Mutter zu mir: «Ich hab da ein Schreinerstelleninserat in den USA gesehen, fahr doch da hin.“ Partys und Musik, daneben etwas arbeiten. In Seattle nahm mein gewohntes Leben in neuer Umgebung seinen Lauf. Bis – ja, bis an jenem Tag, als irgendwie alles begann. Ein Mitarbeiter fragte mich unvermittelt: «Bist du Christ?» Einige Wochen später lud mich derselbe Mitarbeiter in seine Kirche ein; er war der Pastor. In Gedanken sah ich eine Mega-Church mit riesigem Gospelchor. Ich willigte ein. Was ich antraf, war eine kleine Gemeinde, vor allem Mexikaner, vielleicht vierzig Personen, und einen leidenschaftlichen Pastor. Seine Passion erinnerte mich an die von mir verehrten Rapvorbilder – sie elektrisierte mich. Ich merke, wie Gott von jenem Moment an mein Herz zu verändern begann. Einen Bereich nach dem andern brachte er ans Licht – bis am Ende der härteste Brocken folgte: die Musik.
Und plötzlich war er da!
Auf dem Weg nach Hause trafen mich Pastor Santanas Worte wie ein Blitz: «Janic, wir Christen müssen aufpassen, was wir hören, anschauen und tun.» Nun war also die Musik dran. Zu Hause sackte ich zusammen, weinte bitterlich, legte die Musik im Gebet Gott hin und wurde ruhig. Die Einsicht war krass: «Wenn bisher nicht Jesus meine Quelle der Inspiration gewesen war – und das war er auf keinen Fall –, dann musste ich einen Strich ziehen.» Meine CDs, meine Vinyl-Platten, die Songs auf meinem PC – später sogar mein eigenes Album: Alles musste weg, sonst wäre meine Lebensentscheidung für mich zu wenig deutlich gewesen. Der absolute Tiefpunkt: Auch die Inspiration zum Rappen war weg. Seit der sechsten Klasse mein täglicher Begleiter, war sie nun einfach weg.
Gott sagte einfach…
«Gib die Musik mir und sei geduldig!» Kurz darauf liess ich mich taufen. Und dann war er plötzlich da − der Heilige Geist. Das Einzige, was ich vom Gottesdienst mitbekam: «Und jetzt kommt die Zeit, in der wir von Gott empfangen.» In diesem Moment kam der Heilige Geist mit einer Kraft über mich, die mich zum Weinen und Zittern brachte. Nicht unangenehm, aber wuchtig. Nie mehr habe ich den Heiligen Geist so physisch erlebt, doch seine Freude und sein Frieden sind meine ständigen Begleiter geworden.
Eine neue Realität
Die Hip-Hop-Welt mit Rappern wie Eminem oder Samy Deluxe war für viele Jahre meine Realität gewesen, doch immer deutlicher bemerkte ich, wie oft diese Stars schon kurz nachdem sie etwas sagten, wieder etwas anderes behaupteten. Und ich entdeckte das Wort Gottes. Das war eine andere Bibel als jene aus meiner Kinderstube! Plötzlich sprach der Text zu mir und wurde für mich zu einer nie gekannten Quelle der Inspiration.Denn nach einigen Monaten absoluter Rapfunkstille kam – ebenso unvermittelt, wie damals der Heilige Geist zu mir gekommen war – meine Inspiration zum «Rhymen» zurück. Diesmal ungezwungen und unaufdringlich, dafür mit einer Tiefe und Kraft, die mich selbst überraschte. Mir schien klar, dass ich einen neuen Rappernamen brauchte. Doch Gott sagte: «Behalte den Namen, aber ändere den Inhalt.» Von nun an stand JMI für «Jesus, My Inspiration» (Jesus, meine Inspiration). Seither sprach Gottes Geist immer wieder zu mir, meistens leise und unaufgeregt, durch die Bibel oder andere Menschen.
Die «ungewollte» Rückkehr
Inzwischen stand die Rückkehr in die Schweiz kurz bevor. Oder eher: wäre bevorgestanden, denn ich wollte in Amerika bleiben. Nichts zog mich zurück in mein altes Leben. Dennoch spürte ich, dass es richtig war, zurückzukehren, aber ich betete: «Also, Gott, ich gehe zurück, aber nur nach Basel. So weit weg wie möglich von meinem alten Umfeld.» Dann, in einem der nächsten Gottesdienste, völlig unvermittelt, schaute der Gastprediger, den ich noch nie gesehen hatte, mitten in seiner Predigt auf, deutete mit dem Finger auf mich und sagte mit fester Stimme: «Geh zu deiner Familie und zu deinen Freunden. Erzähl ihnen, was Gott für dich getan hat!»Deutlicher ging’s wohl nicht mehr. Ich folgte dem Ruf und zog zurück zu meinen Eltern. Und meine jetzige Stelle in der Administration von Campus für Christus bietet mir den nötigen Freiraum, mehr in meine Berufung hineinzuwachsen und wieder Musik zu machen. Diesmal von Herzen für den Herrn.
Mit meinen Raps will ich von Gott her den Menschen Leben zusprechen. Mein Publikum sind nicht die Menschen, sondern der Herr. Gott hat meine Selbstzentriertheit gegen seine Liebe ausgetauscht; er ist die Quelle des Lebens.
Janic hat diese Geschichte Lukas Herzog erzählt