Mit Kunst und Musik durch die Psalmen mit Gott in Dialog treten
Friesenberg Kirche Zürich, Bus 32, 89, 73 bis Bushaltestelle Friesenbergstrasse
Eugen Bollin (1939*) is a monk in the Engelbert monastery, Switzerland. He attended the Art Academies in Lucerne and Vienna and won several art awards.
Eugen Bollin (1939*) besuchte die Kunstgewerbeschule Luzern und die Kunstakademie Wien und gewann diverse Kunstpreise.
Renewal is the keynote word for Crescendo 2023
Erneuerung ist das Leitwort von Crescendo 2023
ENGLISH
In his once white painter’s overall, now covered with splashed paint of every colour, he approaches us rapidly and, after a short greeting, leads us up over several staircases, rising through the old floors of the monastery to a hidden attic level. Up there, far away from the everyday life in the monastery, the kingdom of Brother Eugen opens up before us. It is here that he has dedicated himself to his art over many decades.
In the case of a Benedictine monk over 80 years old, one might expect a rather traditional way of painting. But Eugen Bollin, to give him his full name, knows no conventional style, be it in his painting or in his poetry (yes, he writes modern lyrical poetry as well!).
This is now the second time that I have visited him, and it almost seems that in the intervening three years – after Covid and pneumonia – he has become younger. He invites us to take a seat somewhere between the semi-figurative installations and the hundreds of piled-up pictures. «For a long time now, I have been looking into the movement of the arms», he says, and starts to apply chalk to a slate. With rapid strokes, he sketches a pregnant woman whose arm protectively closes round her stomach. Then he erases the sketch again and draws the woman again, this time with only a suggestion of figurative portrayal, yet it is somehow more «essential». He picks up a bronze figure of Christ, and places it in front of the slate. And already the picture has a new depth, and the woman is Mary.
“Do his fellow Benedictine brothers understand his art” is our question. It took some time, Brother Eugen replies with a smile. In the meantime, many of his works have found a place in the ministry corridors. We ask whether he is also been noticed outside the monastery. Yes, he has already held several exhibitions, won some art prizes and published volumes of lyrical poetry. By the way, his poetry is very «visual» and evokes vivid images and atmospheres. The language is terse and precise.
The visit to Eugen Bollin, which subsequently led through other rooms full of pictures, was impressive on multiple levels.
Here we have an 83-year-old painter, young at heart, returning with new energy to his work every day. New creation, artistic renewal (thus returning to our keynote word again) do not necessarily have to cease at an advanced age.
And Father Bollin is of course not involved in art in order to make a name for himself or to gain a place in the art market, and certainly not in order to become rich. His work is the result of a strong inner motivation, so it is with a cheerful face that he is able to say: «When I am no longer here, it all ends up on the rubbish tip.» Perhaps that‘s why he gives the impression of being very free.
In all this, he does not feel the times of prayer and his monastic life as limitations, but as a valuable framework for his creativity. The «ora et labora» of the Benedictines are thus combined in the most beautiful way.
And Eugen Bollin is finally also an example for us in the way he unites his love of Christ with completely unconventional art. Just as he did when he placed the crucifix in front of the abstract sketch of Mary. And we cast a parting glance at that work before we leave the studio and let Father Bollin turn to a new picture once again.
Beat Rink / Translation from German: Bill Buchanan
DEUTSCH
Er geht mit seinem von Farbflecken übersäten, einst weissem Malermantel mit raschem Schritt auf uns zu und führt uns nach einer kurzen Begrüssung durch die alten Klosterflure über mehrere Treppen hinauf zu einem verborgenen Dachstock. Dort oben, fernab vom normalen Klosterleben, tut sich das Reich von Pater Eugen auf. Hier widmet er sich seit Jahrzehnten seiner Kunst.
Von einem über 80-jährigen Benediktinermönch würde man eine eher traditionelle Malweise erwarten. Aber Eugen Bollin, so sein ganzer Name, kennt weder in seiner Malerei noch in seiner Poesie (ja, er schreibt auch moderne Lyrik!) einen konventionellen Stil.
Es ist das zweite Mal, dass ich ihn besuche, und fast will mir scheinen, er sei in den dazwischenliegenden drei Jahren – nach Covid und einer Lungenentzündung – jünger geworden. Er bittet uns, zwischen halb-figurativen Installationen und Hunderten von gestapelten Bildern einen Stuhl zu suchen.
«Ich beschäftige mich seit längerem mit der Bewegung der Arme», sagt er und setzt auf einer Schiefertafel die Kreide an. Mit schnellen Strichen skizziert er eine schwangere Frau, die ihren einen Arm behutsam um ihren Bauch schmiegt. Dann wischt er die Skizze wieder aus und zeichnet die Frau noch einmal, diesmal nur noch andeutungsweise figürlich, doch irgendwie «wesentlicher». Er nimmt eine bronzene Christusfigur und stellt sie vor die Tafel, und schon gewinnt das Bild eine neue Tiefe, und die Frau ist Maria.
Ob die benediktinischen Mitbrüder seine Kunst verstehen, fragen wir ihn. Es habe eine Zeit gedauert, meint Pater Eugen lächelnd. Mittlerweile hängen viele seiner Werke in den Klostergängen. Ob er auch ausserhalb des Klosters wahrgenommen werde. Ja, er habe schon mehrere Ausstellungen gemacht einige Kunstpreise gewonnen und Lyrikbände veröffentlicht. Seine Dichtung ist übrigens sehr «visuell» und evoziert eindringliche Bilder und Stimmungen. Ihre Sprache ist knapp und präzise.
Der Besuch bei Eugen Bollin, der danach noch durch andere Räume voll Bilder führt, beeindruckt in mehrfacher Hinsicht:
Da ist ein 83-jähriger, jung gebliebener Maler, der täglich neu ans Werk geht. Neues Schaffen, künstlerische Erneuerung (und damit sind wir bei unserem Leitvers für dieses Jahr), muss im hohen Alter nicht unbedingt aufhören.
Und selbstverständlich ist dieser Benediktiner-Mönch nicht künstlerisch tätig, um sich einen Namen zu schaffen, um sich im Kunstmarkt zu etablieren und schon gar nicht, um reich zu werden. Er arbeitet aus einer ungebrochenen inneren Motivation heraus, weshalb er mit heiterer Miene sagen kann: «Wenn ich nicht mehr da bin, kommt alles auf den Müll.» Vielleicht wirkt er deshalb so befreit.
Die Gebetszeiten und sein Leben im Kloster empfindet er dabei keineswegs als Einschränkung, sondern als wertvollen Rahmen für seine Kreativität. Das benediktinische «Ora et labora» kommen hier auf schöne Weise zusammen.
Und Eugen Bollin ist schliesslich auch insofern ein Vorbild, als er seine Christusliebe mit völlig unkonventioneller Kunst zusammenbringt – so wie er vor die abstrakte Maria-Skizze das Kruzifix gestellt, auf das nun noch ein letzter Blick fällt, bevor man das Atelier verlässt und sich Pater Bollin einem neuen Bild zuwendet.
PS: Drei Texte von Eugen Bollin aus dem Gedicht “Tagzeiten” erschienen im Lyrikband Pfortenweiss, 2004
Terz
Wenn ich deine Hände
betrachte, Herr, wie sie wachsen
mit allem, was sie geben:
Der Geist macht deine Hand
zu unserer Trinkschale.
Vesper
Das Spiel der Kinder
ist ohne Schaden aus.
Die Mönche stellen ihre
Traglasten ab. Der Herr setzt
unerkannt sich an ihren Tisch.
Komplet
Das Licht wird in Nachtlampen
durch die Gänge gestreut.
Helligkeit verlässt uns nicht
mit ihm, der über uns wacht.
Meine Kutte liegt hölzern und nackt.