Mit Kunst und Musik durch die Psalmen mit Gott in Dialog treten
Friesenberg Kirche Zürich, Bus 32, 89, 73 bis Bushaltestelle Friesenbergstrasse
Audio “My Alabaster Jar”
by Patt Chairns Wadenpfuhl
“Ein Pharisäer hatte Jesus zum Essen eingeladen. Jesus war in sein Haus gekommen und hatte sich zu Tisch gesetzt. In dieser Stadt lebte auch eine Frau, die für ihren unmoralischen Lebenswandel bekannt war. Als sie erfahren hatte, dass Jesus im Haus des Pharisäers zu Gast war, nahm sie einen Alabasterkrug voll Salböl und ging dorthin.
Sie trat an das Fußende des Liegepolsters, auf dem Jesus sich ausgestreckt hatte, kniete sich hin und fing so sehr zu weinen an, dass ihre Tränen seine Füße benetzten. Sie trocknete sie dann mit ihren Haaren ab, küsste sie immer wieder und salbte sie mit dem Öl. Als der Pharisäer, der Jesus eingeladen hatte, das sah, sagte er sich: ‘Wenn der wirklich ein Prophet wäre, würde er doch merken, was für eine Frau das ist, die ihn da berührt. Er müsste doch wissen, dass das eine Sünderin ist.’
Jesus antwortete: ‘Simon, ich habe dir etwas zu sagen (…) Ich bin in dein Haus gekommen, und du hast mir nicht einmal Wasser angeboten, dass ich den Staub von meinen Füßen waschen konnte. Doch sie hat meine Füße mit ihren Tränen gewaschen und mit ihren Haaren getrocknet. Du hast mir keinen Begrüßungskuss gegeben, aber sie hat gar nicht aufgehört, mir die Füße zu küssen, seit ich hier bin. Hast mir den Kopf nicht einmal mit gewöhnlichem Öl gesalbt, aber sie hat meine Füße mit teurem Balsam eingerieben. Ich kann dir sagen, woher das kommt: Ihre vielen Sünden sind ihr vergeben worden, darum hat sie mir viel Liebe erwiesen. Wem wenig vergeben wird, der zeigt auch wenig Liebe.’ Dann sagte er zu der Frau: ‘Ja, deine Sünden sind dir vergeben!'” Lukas 7,39-48
Diese Geschichte hat für uns eine ganz besondere Bedeutung, seit wir Patt Cairns Wadenpfuhl kennen – und ihren Mann, den Hornisten Ken Wadenpfuhl. In einem Interview, das wir vor vielen Jahren in unserer Zeitschrift Crescendo veröffentlicht haben, erzählte Patt von ihrem bewegten Leben.
VON DER TROMPETE ZUR “JÜNGSTEN RELIGIÖSEN LEITERIN” Ken und ich haben uns 1977 bei den Miami Philharmonics kennen gelernt und geheiratet, wo ich Trompete spielte und Ken French Horn. Bald danach hatten wir den Eindruck, dass wir unseren Beruf aufgeben sollten, um mit unserem Leben und unseren Gaben Gott zu dienen und uns für Arme einzusetzen.
Wir wurden als Musiker Mitglieder der Heilsarmee und wohnten und arbeiteten im Stadtzentrum von Ford Lauderdale, Florida. In dieser Zeit richtete ich eine Art Zufluchtsort für ausgerissene Teenager ein. Ich arbeitete jede Woche im Gefängnis, holte Prostituierte von der Strasse weg zu uns nach Hause und kümmerte mich täglich um die Armen in unserer Nachbarschaft. Und vieles mehr. Ausserdem zog ich unsere zwei Kinder gross, die damals noch kaum gehen konnten.
Ich wurde zur “jungen religiösen Leiterin des Jahres” gewählt. Aber irgendwie, inmitten all des Stresses und der intensiven “Inner City”-Arbeit, wandte sich mein Blick immer mehr von Jesus weg und davon, dass ich alles für Ihn tat. Nun war die Not meine Antriebskraft, nicht mehr Gott.
Das war der Anfang vom Ende. Unser Haus war rund um die Uhr voll von Bedürftigen. Oft läutete das Telefon mitten in der Nacht und am anderen Ende war jemand mit einem Problem. Ich stand unter enormen Druck – und in mir baute sich Bitterkeit und Wut auf. Schliesslich brach ich innerlich zusammen.
ICH SCHRIE ZU GOTT: “ICH BIN FERTIG MIT DIR!” Das führte so weit, dass ich eines Tages in der Küche stand und zu Gott schrie: “Wenn das das Christentum ist, kannst du es wieder haben. Denn ich bin mit Dir fertig.” – Ich verliess den Dienst und drehte Jesus den Rücken, dem doch meine ganze Leidenschaft gegolten hatte. Eine Bekannte, der ich geholfen hatte, empfahl mir Heroin, “nur ein einziges Mal, um den Druck für eine kurze Zeit wegzunehmen.”
Aus dem “einzigen Mal” wurde ein “immer und immer wieder”. Ich redete mir ein: “Du kannst jederzeit wieder aufhören, wenn du willst.” Als ich aber wirklich aufhören wollte, war ich psychisch und physisch abhängig geworden.
Schon bald brauchte ich 200 Dollar pro Tag, um an den Stoff ranzukommen. Niemand – Ken eingeschlossen -, bemerkte, was eigentlich ablief. Ich grenzte mich von den Freunden ab und verstrickte mich in ein Leben voller Betrug: Ich log, ich stahl und verkaufte alles, was ich hatte, um meinen Heroinbedarf zu stillen. So ging das über ein Jahr. Mein Körper begann zu streiken.
DER ARZT BEGANN ZU WEINEN, ALS ER MICH SAH Oft war ich dabei, mir verzweifelt die Arme und Beine zu zerstechen, um das Heroin reinspritzen zu können. Denn alle Venen waren kaputt. Ich war krank und verzweifelt und wog nur noch zwischen 40 und 45 Kilos, als ich endlich eine Methadonklinik aufsuchte. Allerdings ertrug ich das Methadon-Programm nicht.
Als ich zum ersten Mal in die Klinik kam, brach der behandelnde Arzt in Tränen aus und meinte, ich wäre der schlimmste Fall, der ihm je begegnet sei. Er sagte, ich sei auf dem besten Weg, mich umzubringen. Mein Körper sei nach nur fünf Monaten noch starker zerrüttet als bei anderen Junkies nach fünf Jahren. – Zwei Mal versuchte ich daraufhin, aufzuhören.
Meine Kinder waren damals das Einzige, was mir noch mehr bedeutete als die Drogen. Zu allen war ich harsch und unwirsch; aber nicht zu ihnen. Ich nahm sie auf den Schoss, wiegte sie, sang ihnen Lieder vor, die sich selbst geschrieben hatte, küsste sie, spielte mit ihnen – all meine Sanftmut sparte ich für sie auf. Sie wussten, dass Mami manchmal “krank” war, aber sie wussten nicht, weshalb.
Im Frühsommer 1984 lag ich eines Tages auf dem Boden eines kleinen Hauses in Florida inmitten einer Blutlache. Ich hatte wieder überall erfolglos versucht, mir die Nadel in den Körper zu stechen. Das erste Mal nach einem Jahr schrie ich zu Gott: “Hol mich hier raus oder lass mich sterben. Ich kann so nicht länger leben!” Kurz darauf hatte ich das Gebet schon vergessen. Aber Gott nicht.
AUF DEM WEG NACH CLEVELAND UND ZURÜCK ZU GOTT Ende Sommer ging ich an einem Nachmittag die Kinder vom Babysitter abholen, als ich merkte, dass Ken sie mitgenommen hatte. Er hatte mir ein Flugticket nach Cleveland hinterlegt, wohin er mit den Kindern geflogen war, weil es dort Freunde und eine Gemeinde gab, die fest entschlossen waren, uns zu helfen.
Ich raste vor Wut. Aber eine Woche später setzte ich mich ins Flugzeug nach Cleveland, um meine Kinder wieder zu sehen – das Einzige, was mir noch wichtig war. Ich nahm so viel Heroin mit wie ausreichen würde, um eine Methadonklinik aufzusuchen. Aber dann spritzte ich mir alles im Flugzeug. Als ich in Cleveland landete, war dort ein Ferienwochenende und alle Kliniken waren geschlossen.
Das war der Beginn eines langen und schmerzvollen Prozesses, der letztlich nur mit als übernatürliche Rettung verstanden werden kann. Ich hatte alle Hoffnung aufgegeben, dass Gott mich je wieder würde annehmen wollen. Wenn ich in der Spiegel blickte, ekelte mich der Anblick an. Wie musste dann Gott mich sehen?
Ich floh noch zwei mal weg aus Cleveland. Das zweite Mal fand ich mich in einem Restaurant in West Virginia wieder, quer über einem Tisch liegend und mit dem Kopf auf der Tischplatte, aber auf dem Weg zurück zu meinem Mann und den Kindern.
Dieses Mal war ich entschlossen, mein Leben wieder Gott zu geben. Ich hatte alles verloren, aber ich wusste: Ohne Jesus konnte ich nicht leben. Ich besuchte eine Kirche, wo es gerade eine Anbetungszeit gab. Ich trug eine dunkle Sonnenbrille und begann zu weinen. Ich tat drei Stunden lang Busse über mein Leben. Von diesem Moment an griff ich kein einziges Mal mehr zu Heroin.
EIN UNENDLICH GNÄDIGER GOTT Obwohl noch schwierige Zeiten vor uns lagen, war Gott in all den kommenden Monaten und Jahren treu. Ken und ich erfuhren eine völlige Wiederherstellung unserer Ehe und Familie. Ich habe entdeckt, wie weit Gott sich ausstreckt, um die zu retten, die er liebt.
Ich habe gelernt: Er ist kein böser Gott, der darauf wartet, mich zu bestrafen. Er ist freundlich und voller Liebe. Ein Gott, der Erbarmen mit uns schwachen Menschen hat. Er ist ein unendlich gnädiger Gott.
Wir wissen jetzt, was es heisst, Aussenseiter zu sein. Man weiss wirklich nie, wen man vor sich hat, wenn man einem Drogenabhängigen oder einer Prostituierten gegenüber steht.
Der Mensch sieht immer nur die äussere Erscheinung, Gott sieht aber das Herz. Was er für mich getan hat, das kann und will er für jeden tun. Er ist vollkommene Liebe und niemand ist ihm gleich.
TUNE IN 122 vom 2. Mai 2015 | Unser Text ist von Beat Rink, Präsident von ARTS+ | Audio “My Alabaster Jar”by Patt Chairns Wadenpfuhl | Patt Cairns Wadenpfuhl, bewegt von der Liebe Christi, setzt sich heute noch intensiv für andere Menschen ein. Ihr Dienst – auch ihre Vorträge an Crescendo-Konferenzen – hat viele Künstler motiviert, in Krankenhäusern, unter bedürftigen Menschen oder in Gefängnissen zu wirken. Sie hat unter anderem die Organisation www.ancientpath.com gegründet. | Weitere TUNE INs findest Du hier
> Link zur Ausgabe der Zeitschrift CRESCENDO (Nr. 51/1999) mit dem ganzen Interview http://www.crescendo.org/de/publications/magazin.html > Burn out-onfire (25MB)