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08.
August
2015

Künstler in der Kirche / Teil VIII: “Eine neue Glaubenssprache für unsere Generation suchen”

Interview mit Daniel Pastirčák, Slowakei, Schriftsteller und Pastor einer freien evangelischen Gemeinde in Bratislava.*

Daniel, wie beziehst du Kunst in den Gottesdienst ein? Ich möchte zunächst vorausschicken, dass es sich im Gottesdienst um “angewandte Kunst” handelt, die zu einem bestimmten Zweck geschaffen wurde und die nicht für sich allein steht. Einem Musikstück haftet oft so viel Schönheit und künstlerische Qualität hinsichtlich seiner kompositorischen Struktur und seiner Ausdruckskraft an, dass sich der Zuhörer gern auf diese Merkmale konzentriert statt auf den Gottesdienst.

Wir haben zum Beispiel während der Eucharistie ein sehr komplexes, schönes und höchst interessantes Musikstück eingesetzt. Aber das Problem war, dass es vom Abendmahl ablenkte. Dasselbe kann auch im Blick auf bildende Kunst oder andere Kunstformen gesagt werden. Das Ziel von Kunst im Kontext der Kirche ist es, zu dienen. Und eine Atmosphäre für die Gegenwart Gottes zu schaffen. Es ist wie bei einer Ikone: Die Künste sollten ein Fenster öffnen für Gottes Gegenwart.

Wie setzt ihr Musik im Gottesdienst ein? Wir singen natürlich Lieder. Aber nicht ausschliesslich, denn die Menschen sind heute nicht mehr so mit dem Liedersingen vertraut wie früher. Oft zwingen wir ja Leute, die zur Kirche kommen, zum Singen unvertrauter Lieder. Dies, obwohl sie sonst nie singen! Warum also nicht vermehrt Instrumentalmusik einsetzen?

Heute hören sich die Leute eher meditative Musik an. Darum unterteile ich meine Predigten jeweils in verschiedene Teile und öffne so einen Raum für Kontemplation mit künstlerischen Elementen – zum Beispiel mit moderner Musik oder bildender Kunst.

Welche anderen Kunstformen bezieht ihr ins kirchliche Leben ein? Wir haben in der Kirche auch eine schöne abstrakte Skulptur, die ein junger Künstler geschaffen hat. Nur können die wenigsten älteren Kirchenglieder damit etwas anfangen. Sie steht gerade am Eingang und bietet einen ersten Gesprächsstoff für neue Besucher.

Im Advent hatten wir einen ganz speziellen Gottesdienst: Es gab vier Teile mit Improvisationen – einmal instrumental und gesanglich, dann mit computergenerierter bildender Kunst, drittens mit Tanz und viertens mit Texten. Das Ganze wurde kurz eingeführt und dauerte etwa zwanzig Minuten.

Wie reagierten die Leute darauf? Einige wussten nicht so recht, was sie damit machen sollten. Manche fanden, es sei zu kurz, andere fanden es zu lang. Aber alle sind mittlerweile damit vertraut, dass es Überraschungen gibt. Aber es gibt auch gewöhnliche Gottesdienste ohne spezielle Überraschungen.

Was denken die Pastoren und Mitglieder anderer Gemeinden über diesen starken Einbezug der Kunst bei euch? Manche stellen uns in Frage, andere zeigen zumindest Respekt. Sie sind im allgemeinen recht offen für unseren Ansatz, aber ihr Denken ist irgendwie festgefahren.

Aber ich möchte betonen, dass es uns nicht um die Frage geht: “Wie bringen wir Kunst dazu, die christliche Botschaft zu verkündigen?”, sondern um die Frage: “Worin besteht heute eigentlich die Botschaft? Welche neuen Fragen werden in der zeitgenössischen Kunst, in der Philosophie, Literatur und überhaupt in der Kultur aufgeworfen?”

Und mit diesen unbeantworteten Frage wollen wir zu Gott, zu Christus und zum Geist der Schrift kommen und eine neue Glaubenssprache für unsere Generation suchen. Und dies bringt uns dann dazu, die Künste einzubeziehen.


* Erschienen in Crescendo Nr. 79, 2009 | TUNE IN 135 vom 8. August 2015 | Interview und Übersetzung von Beat Rink, Präsident von ARTS+ | Weitere TUNE INs findest Du hier

 

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Künstlerportrait

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Micha Aregger

Skulptur, Installation, Malerei, Bildende Kunst, Objekte
Aufgewachsen bin ich in Buttisholz. Nach einer technischen Berufslehre, studierte ich 5 Jahre an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Luzern und schloss 2004 ab. In der darauffolgenden Zeit hat sich, durch das wachsende Interesse an Naturwissenschaften, meine charakteristische, organische
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