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12.
Februar
2014

Johannesevangelium 2, 13-23

„Und er machte eine Geissel aus Stricken und trieb sie alle aus dem Tempel hinaus samt den Schafen und Ochsen und verschüttete den Wechslern das Geld und stiess die Tische um und sprach zu denen, die Tauben festhielten: ‘Traget das davon und macht nicht meines Vaters Haus zum Kaufhause!’“

Der Bericht (15-16) über die Austreibung der Händler aus dem Tempel-Vorhof folgt unmittelbar nach jenem über die Verwandlung von Wasser zu Wein auf der Hochzeit zu Kana (siehe TUNE IN 57 und TUNE IN 58).

Es gibt Parallelen zwischen den beiden Texten. Bei beiden geht es um ein wichtiges Fest – hier um das jüdische Passahfest, das von Jesus „gerettet“ wird. Und beide Male endet der Text damit, dass wegen dieses „Zeichens“ Menschen zu glauben begannen.

Inwiefern ist diese Austreibung ein „göttliches Zeichen“? Walter Lüthi (1901-1982) ein Schweizer Theologe, der zur Zeit des Dritten Reiches die Stimme gegen die Nazis und gegen braune Tendenzen im eigenen Land erhob und mit seinen bibelzentrierten Predigten die Kirchen füllte, schreibt in einem seiner Kommentare: „Wie ist es nur möglich, dass die Viehändler sich durch Jesus vertreiben lassen? Wäre es dem Tempelkommandanten nicht ein leichtes, den armen Mann aus Nazareth in seinem kreditschädigenden Tun augenblicklich zu verhindern?“ – Stattdessen weichen alle vor diesem Mann zurück, der mit seiner Geissel (er schlägt übrigens nicht auf Menschen ein) und mit seinen Worten eine besondere Vollmacht zeigt. Das ist ein Wunder!

Einige fordern aber noch ein weiteres Zeichen. Jesus antwortet darauf noch radikaler: Dieser Tempel müsse zerstört werden. Er selber werde ihn aber in drei Tagen wieder aufrichten (19). Nach drei Tagen: Das weist auf Ostern hin. Damit kündigt Jesus an, dass das Alte durch das Neue ersetzt werde – so wie in Kana Wasser in Wein verwandelt wurde. Der alte Tempel-Gottesdienst wird durch die Gemeinschaft mit dem Auferstandenen ersetzt werden.

Walter Lüthi fügt noch hinzu: Jesus legt diese Geissel beiseite und wird dafür bald seinen eigenen Rücken einer Geissel hinhalten. Und wird er die umgestossenen Tische ersetzen durch jenen Tisch, an dem er das Brot bricht und den Wein reicht.

Das Kapitel endet mit seltsamen Worten in Vers 24. Sie sind so zu verstehen: Viele beginnen nun zu glauben. Aber Jesus wendet sich von ihnen ab, weil er sie kennt. Würde er ihnen erlauben, ihm nachzufolgen, dann würden sie ihn auf seinem Weg nur behindern.

Was fangen wir mit diesem Text an?

Walter Lüthi schreibt 1942: „Das christliche Abendland, von dem wir herkommen, war so, dass es denen, die sich zu Christus bekannten, grössere und kleinere Vorteile anbot. Die Kirche war reich… Der Geist, der Vorteile sucht, war tief in die Kirche hineingewuchert.

Und nun ist Christus daran, die Kirche des Abendlandes zu reinigen von diesem Geist des Geniessens. Wir werden jetzt gefragt: Was suchst du in der Kirche? Gott oder dich selber? Wozu gehst du in die Kirche? Um zu dir selber zu kommen oder aber, um zu Gott zu kommen? Christus will jetzt seine Kirche wieder arm sein lassen.“

Diese Worte bleiben über die Kriegszeit hinaus gültig, in der sie gepredigt wurden. Sie finden ein Echo im Programm von Papst Franziskus, der eine „arme Kirche für eine arme Welt“ fordert. Das heisst: Die Kirche muss auf ihr Zentrum zurück-reduziert werden: auf den Auferstandenen. Das ist ein lebenswichtiges „Reduce to the max“ (wie ein Werbeslogan heisst). „Reduce to the max“, – dies gilt auch immer wieder für unser eigenes Glaubensleben !

Der Text wirft auch für Kulturschaffende wichtige Fragen auf. Zum Beispiel diese: Was sind die tiefsten Motive für Kunst in der Kirche?

Könnte es sein, dass viele Kirchen Kunst einfach „schick“ finden? Dass sie Künstler gern in ihren Reihen haben, weil diese der Kirche eben ein gutes Image geben? Oder geht es den Kirchen um die Künstler als Brüder und Schwestern, die in einem besonders herausfordernden Auftrag stehen?

Könnte es sein, dass unsere Kirchen Gefahr laufen, Kulturräume oder gar Konzertveranstalter zu werden, um Leute in die Kirchen zu holen – und dabei das Zentrum aus den Augen verlieren?

Und könnte es umgekehrt sein, dass Künstler in der Kirche ein Umfeld sehen, in dem sie relativ schnell einen Sonderstatus haben und entsprechend bewundert werden?

Und könnte es schliesslich sein, dass auch der moderne „Worship“ da und dort auch zur Performance neigt und seine eigentliche Aufgabe der Anbetung Gottes vergisst?

Kunst in den Kirchen: Das ist ein sehr wichtiges Thema. Es gilt, Kunst in den Kirchen zu fördern! Als Künstler wollen wir gute Kunst in die Kirchen bringen! Aber dies kann nur segensreich und kraftvoll sein, wo wir immer wieder um das „Soli Deo Gloria“ – modern eben „Reduce to the max: To the Risen-One“ ringen.

FRAGEN
Was heisst „reduce to the max“
a) für die Kirchen
b) für das eigene Glaubensleben? (Wo muss man Dinge los werden, um sich ganz auf den Auferstandenen fokussieren zu können?)
c) Für das künstlerische Engagement in der Kirche? (Wie können wir Kunst in einer „armen Kirche für eine arme Welt“ gestalten? Von welchen falschen Intentionen muss uns der Mann aus Nazareth befreien, wenn in den Kirchen Kunst gemacht wird?)


 

Tune In 59 vom 12. Februar 2014 | Text: Beat Rink, Präsident von ARTS+ |
Bild: El Greco (um 1600)

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Friesenberg Kirche   Zürich, Bus 32, 89, 73 bis Bushaltestelle Friesenbergstrasse

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