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28.
Januar
2014

Johannesevang. 2, 1-11 (Hochzeit zu Kana)

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Hier finden wir das Gegenteil von dem, was in Religion (und auch in der Kunst!) oft zelebriert wird:
– Die Vergeistigung des Materiellen
– Die Flucht vor der Wirklichkeit in eine höhere Sphäre
– Die Idealisierung des Menschen
– Die Vergöttlichung von Menschenwerken

Hier findet die genaue Gegenbewegung dazu statt: Gottes jenseitige Herrlichkeit wird sichtbar und erfahrbar. Unmittelbar vor dem Text über die „Hochzeit zu Kana“ steht: „Ihr werdet den Himmel offen sehen und die Engel Gottes hinauf uns hinab fahren auf des Menschen Sohn“ (1,51).

Jesus sagt da voraus, dass man über ihm die Herrlichkeit Gottes „sehen“ werde. Nach der Erzählung des Wunders steht dann: „Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat… und offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.“ (2,11)

Die Herrlichkeit Gottes kommt also zu uns. Sie kommt mit deutlichen „Zeichen“ wie eben in diesem Wunder. Diese Zeichen helfen dann, dass wir glauben können.

Johannes schreibt in seinem Evangelium noch von vielen anderen Zeichen. Und am Schluss, in 20,30, stehen die aufregenden Worte: „Noch viele andere Zeichen tat Jesus vor den Jüngern, die nicht geschrieben sind in diesem Buch. Diese aber sind geschrieben, dass ihr glaubet, Jesus sei der Christus, der Sohn Gottes, und dass ihr durch den Glauben das Leben habet in seinem Namen.“

Nochmals zurück zur Verwandlung von Wasser zu Wein. Das Wunder ist keine „Show“. Es kommt aus „Liebe“ (nicht etwa aus Gehorsam der Mutter gegenüber, Vers 4!), denn Jesus hilft hier der Hochzeitsgesellschaft und vor allem dem Speisemeister, der sich verrechnet hat, aus einer höchst peinlichen Lage heraus.

Das Wunder ist auch denkbar „un-religiös“: Jesus hält keine Predigt über Enthaltsamkeit oder über den „wahren Wein in der unsichtbaren Welt“, sondern er entfremdet sogar die Krüge, die für die rituelle Reinigung bestimmt waren, um wirklichen Wein zu schaffen.

Somit hat das Zeichen viel mit „ästhetischer“ Qualität zu tun. („Aisthesis“ bedeutet ursprünglich „Wahrnehmung“). Jesus lässt die Herrlichkeit Gottes nicht nur in rein „geistigen Vorgängen“ aufscheinen, sondern sehr konkret in der wahrnehmbaren Wirklichkeit. Und das Wunder hat noch eine schöne Botschaft an die Künstler: Die „ästhetische Qualität“ (hier: des Spitzenweins) ist für Jesus keineswegs belanglos, sondern ein Ausdruck der Liebe und – eben der Herrlichkeit Gottes.

Zwei Fragen:

1. Dieser Text wird in den Kirchen seit Jahrhunderten am Anfang eines neuen Jahres gelesen und ausgelegt. Was sagt das uns? Wo sind wir in diesem Jahr auf das Wunder angewiesen, dass Jesus unsere Wasserkrüge verwandelt? Vielleicht benennen wir die Wasserkrüge, die uns in den Sinn kommen und bitten um guten Wein. Vielleicht schreiben wir dies auf – und bitten immer wieder darum.

2. Was sagt der Text uns Künstlern? Wo finden wir in der Kunst eine „Vergeistigung der Wirklichkeit“. Was heisst zum Beispiel das Wort des (von der Theosophie beeinflussten) Piet Mondrian (1872-1944): „Der kultivierte Mensch von heute wendet sich mehr und mehr von den natürlichen Dingen ab und sein Leben wird mehr und mehr abstrakt“? (De Stijl, No. 1, Oktober 1917).

Und wo finden wir umgekehrt Kunst, die von der Abwärtsbewegung der Herrlichkeit Gottes spricht – vielleicht auch gleichnishaft wie die Berliner Filme von Wim Wenders: „Der Himmel über Berlin“ und „In weiter Ferne – so nah“.

Tune In 57 vom 28. Januar 2014 | Text: Beat Rink | Literaturhinweis: Wolfgang J.Bittner. Jesu Zeichen im Johannesevangelium (theol. Dissertation 1987) |[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

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