Ausstellung Nicole Schröder und Sabina Schwaar
Galerie Anixis Baden
A late nineteenth-century rendering of the Prodigal Son by James Tissot.
Ölgemälde über die Rückkehr des verlorenen Sohnes aus dem späten 19.Jh. von James Tissot
ENGLISH
We return to our series on the Lord’s Prayer* with a petition that seems rather daunting. First, let’s get it out of the way: we do not earn God’s forgiveness because we forgive others. That is not what it means.
Rather, it is a question once again of identity and commitment on our part. We are reminded that Jesus was, throughout this prayer he gave us, turning our attention to the coming Kingdom of God. By calling God “Father”, we are declaring faith in his promise of deliverance. By praying that his Kingdom come, we are dedicating our lives to proclaiming his coming Kingdom and asking that his world be renewed. By asking that his will be done, we submit ourselves to his Lordship and to living by the values of his Kingdom. When we ask for our daily bread, we ask that we be equipped to live our lives and do the work he has called us to do.
What is forgiveness?
Let’s look at the Parable of the Prodigal Son, found in Luke 15:11-32 .
It may not strike anyone today as odd that the father ran to the son, as it is not unusual to see older people out and exercising, moving as quickly as they can. But in those days, older people and especially patriarchs were supposed to display physical gravitas, and they did not move quickly. It was degrading. So not only did the father accept the losses his son incurred, as well as the extravagant party he threw him, but he threw aside any social convention and honor to run after him. It cost the father something. This image of the running father as a metaphor for God would have been shocking to his listeners.
Forgiveness is absorption
True forgiveness costs you something and requires effort. Forgiveness is also different than tolerance. Tolerance is more like a sweeping under the rug, and runs the risk of turning into condescension or feelings of superiority. Forgiveness means that you give up your right to feel superior, to be judgmental, to take revenge, or to harbor a grudge. (Worth considering here is how certain milder temperaments might think they are quick to forgive, but actually substitute a cheap tolerance for the sometimes uncomfortable work that forgiveness requires!) Forgiveness requires that you absorb the cost and trust in God’s judgment. Also, forgiveness allows you to say how bad and serious the wrong thing was, it allows for the acknowledgement of hurt and of grief.
It costs Jesus everything to absorb our sin
It’s not that now God turns a blind eye to all our peccadilloes; they were fully absorbed. If we fully understand God’s forgiveness for us, how he absorbed our sin, how he runs to us, then our feelings of superiority toward others will be obliterated. And the other direction is also true: If we have not seen our sin and sought radical forgiveness from God, we will be unable to forgive and to seek the good of those who have wronged us.
What about the Older Brother in the parable?
He was not quite ready to join the party. His indignation is justifiable. He had been hurt and was not yet able to forgive. Sometimes it takes time. Everyone carries bruises, whether physical or emotional, from things that others have done. The only thing to do is to be honest about it before God. He, after all, has plenty of experience of people saying and doing things that hurt him. And with his healing for the hurt, and his help with the often long-drawn-out task of forgiveness, the bruises can be healed. This is another way we experience the “forgiven as we forgive”: as we learn what it is like to be forgiven, we begin to discover that it is possible, and indeed joyful, to forgive others.
How might we “run toward others” in our professional lives?
There are often really clear examples, such as choosing to forgive a colleague that wronged us. But might we be called to take a more active role in this forgiveness, such as speaking a kind word to or about them, or, if appropriate, allowing for future collaboration— or committing to pray for the offending party? What about our art itself? Can our works of art themselves “run toward” the other, creating spaces for truth and reconciliation?
Prayer:
“Father, we are worse than we ever dared to fear, but more loved and forgiven than we ever dared hope. Thank you for running toward us, for absorbing the cost of our brokenness. Please use use for agents of shalom and reconciliation as we build for your Kingdom. Please use us also as artists for agents of shalom and reconciliation as we build for your Kingdom with our creativity.
Help us to forgive as we are forgiven, knowing that you carry us all. Amen.”
Text: Lauren Franklin-Steinmetz
*I am writing this series of TuneIns from my notes for a small group study on the Lord’s Prayer I led for the American Church Berlin. I draw very heavily from three sources: Martin Luther’s A Simple Way to Pray, NT Wright’s The Lord and His Prayer, and Tim Keller’s Prayer (in which he in turn draws from Luther, John Calvin and St Augustine).
DEUTSCH
Wir führen unsere Serie über das Vater Unser* mit einer Bitte fort, die eher beängstigend wirkt. Lasst uns zuerst einmal klar stellen: Wir verdienen uns nicht Gottes Vergebung, indem wir anderen vergeben. So ist das nicht gemeint.
Diese Bitte legt vielmehr die Frage nahe: Wer sind wir und wozu verpflichten wir uns als Christen? Wir erinnern uns daran, dass Jesus durch das Gebet, das er uns gegeben hat, unsere Aufmerksamkeit auf das kommende Reich Gottes lenkt. Indem wir zu Gott „Vater“ sagen, bekunden wir unseren Glauben an sein Versprechen, dass wir errettet werden. Indem wir beten: „Dein Reich komme“, widmen wir unser Leben der Verkündigung des kommenden Gottesreiches und bitten um die Erneuerung der Welt. Indem wir bitten: „Dein Wille geschehe“, beugen wir uns unter seine Herrschaft und erklären uns bereit, mit den Werten seines Reiches zu leben. Wenn wir um unser „täglichen Brot“ bitten, möchten wir einfach genug haben zum Leben und zum Verrichten der Arbeit, zu der Gott uns berufen hat.
Was ist Vergebung?
Lasst uns einen Blick auf das Gleichnis vom verlorenen Sohn in Lukas 15,11-32 werfen:
Es mag heute keinem auffallen, wie seltsam es ist, dass der Vater seinem Sohn entgegenrennt. Schliesslich gibt es im Zeitalter der Altersgymnastik viel ältere Menschen die sich schnell bewegen. Aber damals haben sich ältere Menschen und besonders Patriarchen, die eine körperliche Würde ausstrahlten, überhaupt nicht schnell bewegt. Dies wäre schlicht würdelos gewesen. Anders der Vater im Gleichnis. Er sieht nicht nur über den Schaden hinweg, den sein Sohn verursacht hat. Er gibt nicht nur ihm zu Ehren eine extravagante Party, sondern er setzt sich auch über die sozialen Konventionen hinweg, wenn ihm entgegeneilt. Er lässt es sich etwas kosten. Dieses Bild des rennenden Vaters ist ein Gleichnis für Gott, und es muss die Zuhörer geschockt haben.
Vergebung kostet etwas
Wahre Vergebung verlangt dir einiges ab. Vergebung ist auch etwas Anderes als Toleranz. Toleranz kehrt die Dinge gern unter den Teppich und gefällt sich oft in einer herablassenden Attitüde und in einem Gefühl der Überlegenheit. Vergebung bedeutet, dass man sein Recht aufgibt, sich überlegen zu fühlen oder andere zu verurteilen, Groll zu hegen oder Rache zu üben. (Übrigens meinen oft Menschen mit einem sanften Temperament, dass sie ohne Problem vergeben können. In Wirklichkeit verwechseln sie Vergebung, die manchmal sehr anstrengend ist, mit billiger Toleranz.) Vergebung ist aber mühsam und nur im Vertrauen auf Gottes Gerechtigkeit möglich. Sie schliesst auch keineswegs aus, dass man die schlechten Dinge beim Namen nennt oder Verletzung und Trauer zulässt.
Die Vergebung unserer Schuld hat Jesus alles gekostet
Auch Gott drückt bei unseren Verfehlungennicht einfach ein Auge zu. Er tilgt unsere Schuld. Wenn wir verstehen, dass er unsere Schuld getragen hat, wie er uns entgegenrennt, dann werden unsere Überlegenheitsgefühle anderen gegenüber schwinden. Und anders herum stimmt es auch: Wenn wir nicht unsere Schuld erkennen und Gottes Vergebung annehmen, werden wir anderen nicht vergeben können und das Gute in denen entdecken, die sich uns gegenüber falsch verhalten haben.
Was ist mit dem älteren Bruder im Gleichnis?
Er verweigerte sich der Party. Seine Empörung war berechtigt. Er war verletzt worden und noch nicht bereit, selber zu vergeben. Manchmal braucht Vergebung Zeit. Jeder trägt seine Schrammen, ob physisch oder emotional, von Dingen davon, die andere ihm angetan haben. Das Einzige, was man dann tun muss, ist ehrlich sein vor Gott. Denn Gott hat ja selber sehr viel Erfahrung mit dem, was Menschen an Verletzendem sagen oder tun. Die Schrammen können heilen, wenn Gott heilend eingreift und wenn er uns hilft, die oft langwierige Aufgabe der Vergebung anzupacken. Hier öffnet sich dann ein anderer Weg, auf dem wir das „Vergib, wie auch wir vergeben“ erfahren: Indem wir die Realität der Vergebung erleben, wird es uns möglich und sogar zur Freude, anderen zu vergeben.
Wie können wir in unserem Berufsalltag „Anderen entgegenrennen“?
Wir alle kennen jene sehr realen Momente, in denen man sich zur Vergebung entschliessen muss, wenn uns etwa ein Kollege schlecht behandelt hat. Aber vielleicht sind wir dann sogar gerufen, eine noch aktivere Rolle zu spielen und zum Beispiel ein freundliches Wort zu sagen oder (sofern angebracht) eine Zusammenarbeit vorzuschlagen oder zumindest für den anderen zu beten. Und inwiefern betrifft das auch unsere Kunst? Inwiefern kann unsere künstlerische Arbeit auf jemand anderen „zurennen“, indem sie Raum für die Wahrheit und für Versöhnung schafft?
Gebet:
„Vater, wir sind schlimmer, als wir jemals zu fürchten gewagt haben, aber auch mehr geliebt und uns ist mehr vergeben, als wir jemals zu hoffen gewagt haben. Danke, dass du auf uns zurennst und den Preis für unsere Zerbrochenheit getragen hast. Bitte brauche uns als Boten des Friedens und der Versöhnung – zum Aufbau deiner Herrschaft. Bitte brauche uns auch als Künstler als Boten des Friedens und der Versöhnung, wenn wir dein Reich mit unserer Kreativität bauen.Hilf uns zu vergeben, so wie uns vergeben wurde, im Wissen, dass du uns alle trägst. Amen.“
Text: Lauren Franklin-Steinmetz
Übersetzung: Semira Roth / Beat Rink
*Ich schreibe diese Reihe von Tune-lns aus den Notizen eines Kleingruppen-Studiums über das Vaterunser, welches ich in der Amerikanischen Kirche in Berlin leite. Ich verwende dafür einen Grossteil von diesen drei Quellen: Martin Luthers „Ein leichter Weg zu beten“, N.T. Wrights „Der Herr und sein Gebet“ und Tim Kellers „Gebet“ (in welchem er viel von Luther, John Calvin und dem Hl. Augustin übernimmt).