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04.
Januar
2017

Ein vielsagendes Bild zum Jahresbeginn

Zum Jahresbeginn 2017 soll uns ein eindrückliches Bild (oben) zum Nachdenken einladen. Geschaffen hat es ein Maler, dessen beide Lebensdaten interessanterweise ebenfalls die Zahl 7 tragen: Sébastien Stoskopff (1597-1657) aus Strassburg. Wer in Kunstsammlungen auf Werke von Stoskopff trifft, dem mag es ergehen wie dem polnischen Lyriker Zbigniew Herbert (1924-1998): „Vor Jahren […] traf ich beim Durchqueren des Saals […] auf das Bild eines unbekannten Malers. Sogleich begriff ich, obwohl es rational kaum zu erklären wäre, daß etwas Wichtiges, etwas Wesentliches geschehen war, etwas, das mehr bedeutet als eine zufällige Begegnung in der Menge der Meisterwerke. […]Das Bild schrieb sich mir – deutlich, eindringlich – für viele Jahre ins Gedächtnis, und dabei war es doch weder das Abbild eines Gesichts mit flammendem Blick noch eine dramatische Szene, vielmehr ein ruhiges, statisches Stilleben.“

Stoskopff war ein Meister des Stilllebens. Dieses Bild (von 1630) trägt den Titel „Vanitas“. Die Vergänglichkeit, die Hinfälligkeit war in den barocken Künsten bekanntlich ein zentrales Motiv. Hier sehen wir eine Art „Abstellkammer des Lebens“. Zentral thront darin der Totenschädel. Rundherum sind Gegenstände angeordnet, die zu einem schönen, erfolgreichen Leben gehören: Trinkgefässe (Reichtum), Laute und Noten (Musik), ein Blatt mit der Darstellung eines Menschen (Kunst), Dinge aus der naturwissenschaftlichen Forschung und aus dem Militär. Alles Dinge, auf die sich der Mensch etwas einbilden und an denen er stolz werden kann.
Aber da ist nun eben der Totenkopf. Und über ihm hängen ein „Fake“-Fenster und eine Sanduhr. Sie sagen dem Betrachter: Alles ist nur Illusion, nur „leerer Schein“ (eine andere Übersetzung für „Vanitas“) und alles ist zeitlich begrenzt.
Zwei Dinge im Vordergrund verdienen besondere Beachtung: Zuerst eine Wasserflasche. Sie gehört sicher nicht in eine Abstellkammer. Ich wage folgende Interpretation: Verschliessbare Wasserflaschen gehörten damals zu den Reiseutensilien. Die Aussage liegt auf der Hand: Wir sind auf dieser Erde nur auf der Durchreise. Links daneben hängt eine handgeschriebene Notiz, die das Bild aufschlüsselt:

„Kunst, Reichtum, Macht und Kühnheit stirbet
die Welt und all ihr Thun verdirbet
ein Ewiges kommt nach dieser Zeit
ihr Thoren, flieht die Eitelkeit.“

Auf solch kräftige Aussagen trifft man auch sonst in der barocken Lyrik. Andreas Gryphius (1616-1664) lässt eines seiner berühmten Gedichte ausklingen mit den Versen:
„Noch will, was ewig ist kein einig Mensch betrachten.“

Die Schrift (mit Kreide auf einer kleinen Tafel geschrieben?) ist kaum lesbar. Ihre Botschaft erscheint im Unterschied zu den gewichtigen Büchern schwach und bedroht. Fast scheint, als würde sie von der Macht des Wissens an den Rand gedrängt. Bücher haben bei Stoskopff nicht selten eine negative Bedeutung. Sie sind Ursache zu menschlichem Stolz. Meist sind sie geschlossen. Immerhin: Das Notenbuch ist offen, und offen zeigt sich auch das Blatt mit der Radierung: Hinweise für den Wert der Kunst?

Geöffnet sind die Bücher auch auf einem anderen Stilleben von Stoskopff, wo Lukas Cranachs berühmtes Luther-Porträt gezeigt wird. Dort ist die Heilige Schrift halb offen und zerlesen. Hier gibt es ebenfalls eine Sanduhr, doch es gibt noch reichlich Sand darin – Zeichen dafür, dass Gott unser Leben gnädig erhält. Und vor allem: Es gibt keinen Totenschädel, wo an das Evangelium geglaubt wird. In der Bildmitte sehen wir anstelle des Schädels das lebensspendende Gotteswort.

Wir alle kennen die Gefühle, die sich zum Jahreswechsel einstellen: “Schon wieder vorbei! Die Zeit vergeht so schnell! Was bleibt?”
Stoskopff lädt uns ein, sich auf das wirklich Wichtige zu besinnen und dieses ins Zentrum zu rücken. Die Botschaft des „Ewigen“ ist in der Welt zwar bedroht und am Rand. Vielleicht ist es sogar in unserem eigenen Leben bedroht und marginal. Rücken wir es deshalb vom Rand immer wieder ins Zentrum. Vielleicht sogar zusammen mit der Wasserflasche aus dem „Vanitas“-Bild, die eine zweite Bedeutung haben könnte: Das Wasser als biblisches Sinnbild für den Geist Gottes. Im Bild erscheint es zwar als völlig wertlos, aber der Maler hat es zusammen mit der Notiz ganz in den Vordergrund gerückt. Und es ist im Grunde das einzige auf dem Bild, was Leben spendet.

Euch ein reich gesegnetes 2017 !

Text: Beat Rink

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Künstlerportrait

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Elisabeth Ruetschi

Theater
Ansprechpartner: Elisabeth Rütschi Gage: Siehe Website www.kircheundtheater.ch Demomaterial: Diverse DVD mit Produktionen in Kirchen DemoDVD von Elisabeth Ruetschi als Schauspielerin Bemerkungen: Anspielautorin Regisseurin und Schauspielerin Kursleiterin für Theater in Kirchen Schauspielerin und Trainerin für Rollenspiele in Unternehmungen
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