PrixPlus 2024
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Die im letzten TUNE IN entfalteten Gedanken werfen Fragen auf:
Wie erfahren wir Gottes Führungen und wie ordnen wir eigentlich prophetisches Reden ein, wo doch der Wille Gottes für unser Leben grundsätzlich verborgen ist?
Dazu folgende Gedankenanstösse:
1. Das Neue Testament macht die wichtige Unterscheidung zwischen einem Knecht und einem Kind (Römer 8,15; Galater 4). Der Knecht ist Befehlsempfänger und hat keinen eigenen Willen. Ein Kind wird so erzogen, dass es den eigenen Willen entwickeln soll und „mündig“ wird. Gott determiniert uns nicht wie Roboter. Gerade ein Künstler erfährt sich hoffentlich nicht als eine willenlose Marionette irgendeiner Macht. Das „automatic writing“ (das Schreiben unter dem Diktat eines Geistes) bringt keine guten Texte hervor, und es ist eine zutiefst heidnische Praxis.
Gott will uns in eine Freiheit, auch in eine kreative Freiheit hineinführen. Interessant ist die Szene, in der Gott Adam den Auftrag gibt, die Tiere zu benennen. Gott lässt dem Menschen kreativen Freiraum, denn es heisst: Gott schaute, wie Adam die Tiere nennen würde. (1.Mose 2.19f.) Gott ist neugierig auf den kreativen Akt Adams. Auch ein Vater ist neugierig darauf, was seine Kinder tun. Er keinen festen „Plan“ für seine Kinder, von dem abzuweichen ein Verstoss gegen seine Gebote wäre. Es ist deshalb sogar irreführend, durchgehend von einem „Willen Gottes“ zu sprechen. Insofern müssen wir sogar das Gebet „Dein Wille geschehen“ mit dem richtigen Verständnis beten. Etwas salopp gesagt: Wenn Adam vor den namenlosen Tieren zu Gott gesagt hätte: „Dein Wille geschehe“, hätte Gott wohl entgegnet: „Nein, dein Wille geschehe!“ Einige Verse weiter wendet sich derselbe Adam aber gegen Gottes offenbarten Willen – mit dramatischsten Folgen!
2. Aber so wie ein Vater oder eine Mutter jederzeit ein offenes Ohr hat für die Kinder und ihnen gerne hilft, dürfen wir Gott jederzeit bitten und ihn um Rat fragen. Jeder Christ kann davon berichten, wie Gott einen Rat gibt: durch das Gespräch mit anderen Menschen, durch ein Ereignis, durch ein Bibelwort, selbst vielleicht durch einen Traum oder durch einen Gebets-Eindruck – und sicher auch durch andere Bücher oder durch ein Kunstwerk. Oder durch die innere Gewissheit, dass etwas für diese bestimmte Situation „richtig“ ist und etwas eher „falsch“. Noch einmal: „richtig“ oder „falsch“ sind in diesem Bereich nicht dasselbe wie „von Gott erlaubt“ oder „von Gott verboten“. Jesus sucht den Rat Gottes sehr intensiv. Aber selbst er wird von Gott nicht zu seinem Tun gezwungen – nicht einmal dazu, sein Leben am Kreuz zur Vergebung der Sünden zu geben. Vielmehr betet Jesus in dieser höchst dramatischen Stunde, die das Geschick der Welt wendet, aus freiem Willen: „Nicht mein, sondern Dein Wille geschehe.“ (Lukas 22,42)
3. Das Reden des Rat gebenden Vaters kann man der Prophetie zuordnen. Es gibt auch andere Arten der Prophetie: zum Beispiel zum Umkehr rufende Drohworte – siehe die Propheten im Alten Testament – oder in die Gegenwart und Zukunft hell hineinleuchtende, glaubensstärkende und tröstende Worte – siehe die Offenbarung. Wie ordnen wir nun aber solches prophetisches Reden ein, eben Gottes Antwort, wo wir ihn um einen Rat bitten? Sollen wir es suchen – vielleicht gerade als Künstler, die ja oft „Propheten“ genannt werden? Wir können diesem Themenkomplex auch die Frage zuordnen, ob es „künstlerische Inspiration“ durch Gottes Geist gibt. Wir werden uns im nächsten TUNE IN näher damit beschäftigen, weil es dazu mehr Raum braucht.
Fragen wir aber hier – auch nochmals im Blick auf TUNE IN 203:
– Wo bin ich in der Gefahr, den „verborgenen Willen“ Gottes mit dem „offenbarten Willen“ Gottes zu verwechseln? Wo habe ich Ängste, Gott zu betrüben, weil ich etwas „Falsches“ tue, obwohl er mir doch Freiheit liesse?
– Fühle ich mich als Künstler zur Freiheit der Kinder Gottes berufen – wie Adam in 1.Mose 2,19f. ?
Text: Beat Rink