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15.
Juni
2021

Braucht es christliche Kunst?

Anlässlich einer früheren “Nacht des Glaubens” stellte ein Reporter des  Schweizer Rundfunks sehr  direkte Fragen wie: «Braucht es ein solches Festival überhaupt?» – «Weshalb bezieht man nicht andere Religionen mit ein?» – «Möchtet ihr mit Kunst missionieren?» Solche Fragen sind überall zu erwarten und ernst zu nehmen, wo «christliche Kunst» in der Öffentlichkeit gezeigt wird. Ich versuche eine Antwort in 4 Schritten:

1. Religion ist keine Privatsache

Die Irritation gegenüber christlicher Kunst in der Öffentlichkeit entspringt zu einem grossen Teil der Idee, Religion sei Privatsache. Diese Idee ist zu begrüssen, wenn es um die Religionsfreiheit geht: Man darf einem Menschen nicht verbieten oder verordnen, etwas Bestimmtes zu glauben. Friedrich II (1712-1786), Repräsentant des aufgeklärten Absolutismus, sagte: «Jeder soll nach seiner eigenen Façon selig werden».  Religion ist also Privatsache! Diese Idee ist aber fragwürdig, wenn damit gemeint wird: Religion sollte sich öffentlich besser nicht äussern. Die «Säkularisation» hat die westliche Gesellschaft der letzten Jahrhunderte geprägt. Sie hat dazu geführt, dass Staat und Religion getrennt sind. Dieser Prozess war wichtig, um unheilige Allianzen zwischen Kirche und Staatsmacht zu sprengen. Aber er sollte nicht blind machen dafür, dass jeder moderne Staat auf Grundsätzen beruht, die sich der Religion (und vor allem dem Christentum) verdanken! Der Staatstrechler und Rechtsphilosoph Ernst-Wolfgang Böckenförde formulierte 1964 einen vielbeachteten Satz: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“ Deshalb ist der christliche Glaube untrennbar mit dem freiheitlichen Wohlfahrtsstaat  verbunden.

2. Der christliche Glaube ist nicht nur Privat- und Kirchensache

Jesus sagt in Lukas 17,21: «Das Reich Gottes ist mitten unter euch.» Dieser Satz erfuhr unterschiedlichste Auslegungen. Einige Theologen meinten, Jesus wolle sagen: «Das Reich Gottes ist inwendig in euch». Und andere: «Das Reich Gottes kommt erst später – am Ende der Zeiten.» Am plausibelsten ist aber die Auslegung: Mit Jesus ist das Reich Gottes gekommen! Es ist  kein innerpsychisches und auch kein futurisches Ereignis. Und es heisst auch nicht «Das Reich Gottes ist erst da, wenn die Kirche kommt…».
Somit ist das Reich Gottes bereits angebrochen – als eine weltverändernde Grösse.  Somit ist der christliche Glaube ist per definitionem «öffentlich».

3. Christliche Kunst ist keine Privatsache

Darum kann auch christliche Kunst nicht zur Privatsache erklärt werden. Es gibt mittlerweile eine grosse Akzeptanz gegenüber Kunst, die anderen Religionen entspringt. Kunst, die aus dem gelebten und geglaubten Christ-Sein kommt, wirkt aber offensichtlich (auf dem Hintergrund der Säkularisation?) eher peinlich. Olivier Messiaen wurde heftig angegriffen, als er seine «Vingt Regards sur l’enfant-Jésus» für den Konzertsaal schrieb und bekannte, er komponiere liturgische Musik bewusst für die Zuhörer ausserhalb der Kirche. In der heutigen post-christlichen Zeit ist andererseits zu erwarten, dass viele Menschen weder von der Säkularisation noch von der Kirche eine Ahnung haben und deshalb ganz neu offen sind für eine so unbekannte Botschaft wie die christliche.

4. Kunst ist nicht das Gegenteil von christlichem Glauben

Kunst ist nach heutigem Verständnis ein Ausdruck von grosser kreativer (spielerischer) Freiheit und von Authentizität. Wie kann dies nun mit einem Glauben und mit einer Kirche zusammengebracht werden, die (gerade in kulturellen Kreisen!) als intolerant, heuchlerisch, missionarisch-aufdringlich und freiheitsraubend verurteilt werden?
Christliche Kunst hat die Kraft,  diese Vorurteile zu unterwandern, wenn sie authentisch, echt und un-dogmatisch daherkommt, wenn man unter Dogmatismus einen starren, aufgezwungenen Glauben versteht. Gute «christliche Kunst», die den Glauben nicht als fremdes Thema, sondern aus einer inneren Betroffenheit heraus  behandelt, gehört an die Öffentlichkeit! Es wäre nicht verwunderlich, wenn sie dort eine Wirkung entfaltet, die über das rein ästhetische Erlebnis hinausgeht und etwas vom «Reich Gottes» und vom Wirken des Heiligen Geistes erahnen lässt.

Text: Beat Rink

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Künstlerportrait

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Micha Aregger

Skulptur, Installation, Malerei, Bildende Kunst, Objekte
Aufgewachsen bin ich in Buttisholz. Nach einer technischen Berufslehre, studierte ich 5 Jahre an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Luzern und schloss 2004 ab. In der darauffolgenden Zeit hat sich, durch das wachsende Interesse an Naturwissenschaften, meine charakteristische, organische
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