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Für Paulus ist Christus der “neue Adam”, denn er ja hat die tiefe Trennung zwischen Mensch und Gott aufgehoben, unter der die Menschheit seit Adam steht. Auch in der Kirchengeschichte hat man weitere solche Vergleiche angestellt. Über alten Darstellungen der “Verkündigung Mariae” sieht man zum Beispiel das Schriftband mit AVE MARIA. Das AVE steht zuweilen auf dem Kopf, weil das Band gerade so fällt – und so liest man EVA (im Bild). Maria ist also die Umkehrung von Eva: Sie trägt nicht die verbotene Frucht, sondern den Retter.
So wurden oft Pfingsten und Babel nebeneinander gestellt, weil die Sprachverwirrung durch das Sprachenwunder in der Apg. 2 aufgehoben wurde. Denkt man dieser Parallele weiter nach, ergeben sich spannende Erkenntnisse.
Die Turmbauer von Babel befürchten, dass die Menschheit sich weiter zersplittert. In Genesis 10 steht eine grosse Völkertafel mit zahlreichen Namen. Nun greift die Angst um sich: “Wir vermehren uns – wir entfremden uns voneinander – wir zersplittern uns in viele unbedeutende Familien!”
Darum geben die Turmbauer die Parole heraus: “Wir wollen uns einen Namen machen! Wir wollen eine starke Einheit herstellen!” – Sie rufen dabei nicht Gott an, sondern sie sind Self Made-Leute mit dem Hang zu Kontrolle, Totalitarismus und Hybris gegen Gott.
Auch vor Pfingsten geht es den Jüngern darum, die Einheit wiederherzustellen. Jene Einheit der Zwölferschar, die durch Judas gestört wurde. Aber die Jüngerschar ist nicht “Self Made”, sondern “God made”. Darum lassen sie Gott bestimmen, wer der zwölfte Jünger sein soll!
Die Turmbauer mobilisieren alle Kräfte und stemmen einen gewaltigen Turm in die Höhe – von unten nach oben. Die Jünger sind im Gebet zusammen und erwarten Gottes Wirken von oben nach unten.
Die Turmbauer erfahren, dass ihre Bemühungen umsonst sind und ins Gegenteil umschlagen. (Siehe auch TUNE IN Nr 17). Die Jünger erfahren etwas, was sie nie erstrebt haben.
Die Turmbauer erleben, wie ihre Sprache verwirrt wird und dass ihre letzte Einheit zerbricht. Die Jünger sprechen plötzlich in fremden Sprachen und werden verstanden. Eine neue Einheit entsteht.
Immerhin muss man den Turmbauern zugute halten: Sie geben sich nicht mit der Zersplitterung zufrieden. Sie unternehmen etwas. Sie sind fleissig. Sie sind sogar visionär. Und sie sind kreativ! Aber das alles ohne Gott. – Bei den vom Pfingstgeist erfassten Menschen sehen wir dann allerdings auch, dass sie visionär, fleissig (nein noch mehr: leidensbereit) und kreativ (nein, noch mehr: inspiriert) sind. Und dass auch sie um die Einheit ringen.
Ist nun ein für allemal für uns Menschen die Turmbau-Geschichte Vergangenheit? Leider nicht! Ein Blick in die Geschichte der letzten 2000 Jahre ist ernüchternd. Auch wir Christen kennen das nur zu gut: Wir bemühen uns aus eigener Kraft, vielleicht bewegt von einer Not, um Dinge – und scheitern kläglich.
Wir müssen mit Paulus eingestehen: “Nicht was ich will, das tue ich, sondern was ich hasse, das tue ich.” (Rö 7,15b) Im Römerbrief 7 gibt Paulus diesem Zwiespalt Ausdruck und ruft zum Schluss: “Ich unseliger Mensch! Wer wird mich diesem Todesleib entreissen?” (V.24) – Die Antwort darauf ist das wundervolle Kapitel 8, wo es um die Vergebung durch Jesus Christus und um die Überwindung der Self Made-Mentalität (Paulus nennt es “Fleisch”) durch den Heiligen Geist geht: “Ihr seid aber nicht im Fleisch, sondern im Geist, wenn wirklich Gottes Geist in euch wohnt.” (V.9)
Fragen:
TUNE IN 124 vom 16. Mai 2015 | Unser Text ist von Beat Rink, Präsident von ARTS+ | Weitere TUNE INs findest Du hier