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17.
Februar
2016

Und wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf. Matthäus 18.5

In dieser Woche findet in Birmingham die internationale “Crescendo Musiklehrer-Konferenz” statt. In einem Grusswort an die Konferenzteilnehmer schreibt Helena Maffli, die Präsidentin der EMU (= European Music School Union, welche 6000 Musikschulen, 150.000 Lehrer und 4 Millionen Studenten repräsentiert):

Alle Musiklehrer, wo immer sie tätig sind, erfüllen einen Auftrag, der für unsere Gesellschaft enorm wichtig ist. Musikalische Erziehung fördert nicht nur die einzelne Persönlichkeit, sondern legt auch die Grundlage für das ganze musikalische Leben in der Gesellschaft, zu denen Aufführungen, die Schaffung neuer Werke, die Herausgabe und Produktion von Musik und die Gewinnung eines Publikums gehören. Wenn es nicht gerade um das Wirken weltberühmter Professoren geht, schafft es die wichtige erzieherische Tätigkeit der Musiklehrer und –Lehrerinnen nur höchst selten in die Schlagzeilen. Viele Musikpädagogen arbeiten sogar unter schwierigen Umständen und sind oft isoliert. Deshalb ist die Crescendo-Konferenz zum Thema „Musikpädagogik – Gabe und Berufung“ eine wunderbare Initiative. Sie geht über die üblichen Lehrer-Treffen hinaus, da sie dazu einlädt, „von der Quelle zu trinken“. Ich wünsche der Konferenz und eurem Werk Gottes Segen, Gelingen und Befriedigung.
Und in einem Begleitschreiben fügt Helena Maffli hinzu: Es geht in eurer Konferenz um die pädagogische Arbeit, welche die Basis für alles andere bereitet. Davon ist viel zu wenig die Rede.“

Tatsächlich wird die tägliche pädagogische Arbeit nicht so bejubelt wie das Konzert eines Solisten. Ebenso fällt auf die treuen Lehrer anderer musischer Fächern kaum je der Glanz ihrer Zöglinge, wenn diese zu Stars auf der Tanz- oder Schauspielbühne oder zu grossen Namen auf den Kunstmessen dieser Welt werden.
Umso wichtiger ist, dass wir als Christen auch hier wieder einmal das „Oben“ und „Unten“ umkehren und den Lehrern zumindest ebenso viel Wertschätzung entgegenbringen wie den erfolgreichen „Stars“.

Jesus selber war ein Lehrer. Und er hat in seiner Lehrtätigkeit die gängigen Werte-Kategorien auf den Kopf gestellt. In einer seiner verblüffendesten Lektionen machte er sogar die Kinder zu Lehrern. Ausgerechnet Kinder! Die Kindheit galt in der antiken Welt als „Phase menschlicher Unvollkommenheit”. Und Kinder standen in der Familienhierarchie auf der untersten Stufe . Das griechische Wort für Kind, pai`“, konnte auch Sklave bedeuten.
Wir kennen die Geschichte: Jesus hörte, wie die Jünger die Frage diskutierten: „Wer ist der Größte im Himmelreich?“ Das heisst: Die Jünger hatten begriffen, dass mit Jesus ein neues Reich anbrach – das Reich Gottes. Und dass damit irgendwie auch die gängigen Vorstellungen von „bedeutsam“ und „unwichtig“ erschüttert sind. Aber wie sollte man diese nun neu definieren? Die Antwort von Jesus war schockierend: „Wahrlich ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen. Wer nun sich selbst erniedrigt wie dies Kind, der ist der Größte im Himmelreich. Und wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf.“

Dazu 7 Beobachtungen:
1. Jesus nimmt dieses Kind als Subjekte wahr, nicht als Objekte.
2. Jesus lobt nicht, dass Erwachsene Kinder erniedrigen. Er lobt, dass Kinder sich selber erniedrigen, das heisst: dass sie nicht gross von sich denken.
3. Die Erwachsenen müssen nicht kindisch werden, sondern in diesem Sinn kindlich, dass sie nicht „gross“ von sich denken. Dazu brauchen sie eine Umkehr.
4. Egozenrisches Streben nach Grösse, Macht und Bedeutsamkeit sind mit dem Reich Gottes nicht kompatibel. Auch das Streben nach Reichtum nicht. (siehe Matthäus 19). Nur Gott kann durch seine Gnade letztlich Unmögliches möglich machen und diese Menschen zur Umkehr führen und ins Himmelreich hinein retten (Matthäus 19,26).
5. Jesus identifiziert sich mit Kindern. (Wohlvermerkt: Mit Kindern, die noch im besten Sinn „kindlich“ sind und nicht schon „kleine egoistische Erwachsene“.)
6. An anderer Stelle (Lukas 18 / Matthäus 19 / Markus 10) sagt Jesus, man müsse das Himmelreich annehmen wie ein Kind. Darin steckt: Man muss es annehmen als unverdientes Geschenk, nicht als Lohn seiner eigenen Leistung, auf die man sogar noch stolz sein könnte.
7. Jesus benutzt Kinder nicht einfach als Anschauungs-Objekt, sondern er spricht die Mahnung aus, sich um Kinder zu kümmern. Darauf folgt dann eine harte Warnung, nachzulesen in Matthäus 18, 6.

Soweit diese Beobachtungen zum Text. Wer hätte besser nun Gelegenheit, Jesus in einem Kind „anzunehmen“ und ihm zu „dienen“ als Lehrer, zum Beispiel eben Musiklehrer?
Aber ich habe noch allzu gut die Worte einer Musikstudentin im Ohr, die mir kürzlich klagte: „Meinem früheren Professor ging es nie um mich. Er wollte, dass ich gut bin. Aber nur, damit er selber gross herauskommt. Ich selber fühlte mich dadurch unterdrückt.“ – Das heisst: Auch Lehrern kann es nur um die eigene Grösse gehen. In Matthäus 23,6 kritisiert Jesus die Haltung jener Lehrer, die ihren Ruf geniessen. Sie brauchen eine Umkehr!

Wir alle brauchen immer wieder diese Umkehr. Wir alle müssen wieder bei den Kindern in die Schule. Erst dann werden wir Nachfolgen Jesu. Und erst werden wir selber zu guten Lehrern. Und sollte Gott einem Künstler zumuten, dass er einmal ein „Star“ wird, dann darf auch dieser immer wieder umkehren. Das kann dann heissen, dass er dem Lehrer seiner ersten Musik- oder Tanz- oder Malstunde einmal einen Dankesbrief schreibt. Oder dass er in eine Schule geht und ein paar Unterrichtsstunden gibt – dorthin, wo sein Name nicht bekannt ist. Aber wo sein bescheidener Charakter zählt.

Text: Beat Rink

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